Erwachsene mit Rechenschwäche/Dyskalkulie

Eine Rechenschwäche, die nicht erkannt und behandelt wird, bleibt bestehen. Aus rechenschwachen Kindern werden rechenschwache Erwachsene.

Erwachsene mit Rechenschwäche haben meist viele Jahre des Misserfolgs hinter sich. Schlechte Mathematiknoten, verunglückte Schullaufbahnen, abgebrochene Ausbildungen sowie soziale Ängste und Minderwertigkeitsgefühle sind die Regel. Die Angst vor Zahlen und Rechenaufgaben hat sie geprägt und behindert täglich die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Rechenschwäche ist ein Problem verpasster Lernchancen, nicht etwa mangelnder Intelligenz. In einer Dyskalkulietherapie lernen rechenschwache Erwachsene, die Mathematik von Grund auf neu zu verstehen und zu beherrschen. Ziel ist ein angstfreier und angemessen sicherer Umgang mit mathematischen Situationen in Alltag, Ausbildung und Beruf.

Wie zeigt sich die Rechenschwäche bei Erwachsenen?

Hinweise auf eine Rechenschwäche zeigen sich in folgenden Bereichen:

  • Problematische Lernerfahrungen mit Mathematik:
    Schwierigkeiten mit dem Rechnen schon in der Grundschulzeit; häufig schlechte Noten; überdurchschnittliche Lernanstrengungen (Nachhilfe, Auswendiglernen etc.); Angst und Abneigung gegen das Fach bzw. gegen den Umgang mit Zahlen; Versagenserlebnisse und Frustration; schulische Abschlüsse oder Ausbildungsziele konnten wegen Mathematik nicht erreicht werden; geringes Selbstvertrauen („Mathe konnte ich nie.“).
  • Unsicherheit in mathematischen Alltagssituationen:
    Schwierigkeiten beim Herausgeben oder Kontrollieren von Wechselgeld, Uhrzeiten überschlagen, Entfernungen schätzen oder umrechnen, einfache Bruchangaben („ein Drittel von …“) oder Prozentangaben verstehen; Zählen, wo andere rechnen, Zuhilfenahme von Fingern, schriftlichen Verfahren oder Taschenrechner, wo andere kopfrechnen; Rechenwege sind meist auswendig gelernt, Hilflosigkeit bei Aufgaben, für die keine Strategie vorhanden ist.
  • Seelische Beeinträchtigung:
    Gefühle von Hilflosigkeit, Scham, Abneigung oder Angst gegenüber "mathematischen Situationen"; Vermeidungsverhalten, d. h. derartige Situationen werden umgangen (z. B. beim Bezahlen), Verheimlichung der Unsicherheit; geringes Selbstvertrauen, Zweifel an sich selbst ("Für Mathe bin ich eh zu blöd!").

Rechenschwache Erwachsene wissen um ihre Schwäche, können aber nur schwer einschätzen, wie stark diese ausgeprägt ist und welche Fördermaßnahmen angemessen sind. Ein unverbindliches Beratungsgespräch kann hier Orientierung geben.

Kann ich als Erwachsener noch rechnen lernen?

Ja. Rechenschwäche ist ein Problem, das, ähnlich wie die bekanntere Lese-/Rechtschreibschwäche, auch im Erwachsenenalter mit guten Erfolgsaussichten behandelt werden kann. Nicht das Alter ist für den Lernerfolg entscheidend, sondern die Qualität der Förderung. Um eine Rechenschwäche zu überwinden, ist allerdings ein umfassender Lernprozess notwendig, der nur gelingt, wenn er fachkundig angeleitet und betreut wird.

Erwachsene durchlaufen die Etappen einer Dyskalkulietherapie normalerweise schneller als Kinder oder Jugendliche, da sie über mehr Möglichkeiten verfügen, das Gelernte zu verknüpfen und anzuwenden.

Was sollte ich als Erwachsener über die Therapie wissen?

Am Beginn einer Dyskalkulietherapie steht die ausführliche Diagnostik. Dabei wird ein Profil des aktuellen mathematischen Verständnisses erstellt, das als Leitfaden für die Therapieplanung dient.

Die Therapie setzt in den meisten Fällen beim Verständnis der Grundrechenarten und den Rechenfertigkeiten im Zahlenraum bis 100 an. Hier ist die Basis allen Rechnens und zugleich der typische Ausgangspunkt für schulisches Scheitern. Wenn diese Grundlagen einmal hergestellt sind, verlieren auch Themen wie der Umgang mit Geld und Zeit, Maßzahlen, Bruchrechnung oder Prozentrechnung ihren Schrecken.

Die Mehrzahl der Erwachsenen kommt mit drängenden Problemen in die Therapie, z. B. einer bevorstehenden Prüfung oder Überforderung bei bestimmten beruflichen Aufgaben. In solchen Situationen werden sie lerntherapeutisch gezielt unterstützt. Auch die begleitende Beratung von Ausbildern, Arbeitsvermittlern oder Vorgesetzten ist (auf Wunsch) ein Teil der Therapie.

Die Dauer der Lerntherapie und Häufigkeit der Therapiesitzungen werden individuell abgestimmt, da sie von der Ausprägung der Rechenschwäche, den persönlichen Lernzielen und anderen Faktoren abhängen.

Für die Kosten einer Dyskalkulietherapie gibt es in manchen Fällen Erstattungsmöglichkeiten. Junge Erwachsene können unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenübernahme beim zuständigen Jugendamt beantragen. Auch andere Träger wie Krankenkassen oder die Arbeitsagentur sind in Einzelfällen bei der Umsetzung der Förderung behilflich.